KI und Benfords Gesetz: Der mathematische Lügendetektor

Das Geheimnis der Ziffer 1
Wenn man Menschen bittet, sich zufällige Zahlen auszudenken, wählen sie meist Zahlen so, dass jede Ziffer von 1 bis 9 etwa gleich oft am Anfang steht. Das entspricht unserem intuitiven Verständnis von "Zufall". Doch die Natur und die echte Wirtschaft funktionieren anders. Im Jahr 1938 entdeckte der Physiker Frank Benford ein seltsames Phänomen: In fast allen natürlich gewachsenen Datensätzen – von Einwohnerzahlen über Aktienkurse bis zu Steuererklärungen – ist die Ziffer 1 am häufigsten die erste Ziffer (in ca. 30,1 % der Fälle). Die Ziffer 9 hingegen steht nur in 4,6 % der Fälle am Anfang. Dieses Phänomen nennt man Benfords Gesetz.

Warum Fälscher scheitern
Das Gesetz gilt, weil viele Prozesse exponentiell wachsen. Um von 100 auf 200 zu wachsen (Verdopplung), braucht man viel länger als von 900 auf 1000. Deshalb "bleiben" Zahlen länger im 1er-Bereich. Betrüger wissen das oft nicht. Wenn jemand eine Bilanz fälscht oder Wahlergebnisse manipuliert, erfindet er Zahlen, die intuitiv zufällig aussehen (Gleichverteilung). Mathematisch gesehen hinterlässt er dabei einen fingerdicken Fingerabdruck. Die Verteilung seiner Zahlen verstößt gegen Benfords Gesetz.

KI als forensischer Buchhalter
Für einen Menschen ist es mühsam, Tausende von Buchungen manuell auf ihre erste Ziffer zu prüfen. Für eine Künstliche Intelligenz ist es eine Sache von Sekunden. Moderne KI-Systeme im Finanzamt oder bei Wirtschaftsprüfern scannen riesige Datenbanken. Sie plotten die Verteilung der ersten Ziffern und vergleichen sie mit der idealen Benford-Kurve. Weicht eine Abteilung oder ein Unternehmen signifikant ab, schlägt die KI Alarm. Sie sagt nicht "Das ist Betrug", aber sie sagt: "Hier haben wahrscheinlich Menschenhand und nicht der Markt die Zahlen gemacht."

Statistik im Alltag überprüfen
Für Schüler und Studenten ist Benfords Gesetz ein faszinierendes Experiment, um Statistik zu verstehen. Mit einem taschenrechner online oder einer Tabellenkalkulation können sie eigene Experimente durchführen: "Folgen die Einwohnerzahlen der deutschen Städte dem Gesetz? Was ist mit den Preisen im Supermarkt?" Die KI kann helfen, diese Daten schnell zu analysieren und die Abweichungen zu visualisieren. Sie lehrt uns, dass echte Daten oft Muster haben, die unserer Intuition widersprechen, und dass Mathematik das Werkzeug ist, um Wahrheit von Fiktion zu unterscheiden.

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